Unterschreiben
News

Nach der Verabschiedung des Teilregionalplans

Nach der Verabschiedung des Teilregionalplans

Die Regionalversammlung Mittelhessen hat am 9. November 2016 den Teilregionalplan Energie Mittelhessen verabschiedet. Damit werden detaillierte Flächenvorgaben für Anlagen erneuerbarer Energien gegeben. Heftig umkämpft waren und sind die Vorranggebiete für Windenergie (VRG WE). Die gute Nachricht für das FFH-Gebiet „Lahnhänge zwischen Biedenkopf und Marburg“ (5017-305) lautet nach Verabschiedung des Plans: Der Bereich Wollenberg wird nicht als Vorranggebiet ausgewiesen, die ursprünglich einmal vorgesehenen VRG 3114 und 3115 wurden komplett gestrichen.

Schlecht für das FFH-Gebiet hingegen ist, dass das Gebiet „Görzhäuser Hof“ (VRG 3128) als Vorranggebiet beibehalten wurde. Dieses grenzt unmittelbar an einen Bestandteil des FFH-Gebiets 5017-305, der räumlich abgetrennt zu den übrigen Arealen liegt. Aus den von der Oberen Planungsbehörde herausgegebenen „Steckbriefen VRG WE“ (pdf) geht zudem hervor, dass die Obere Naturschutzbehörde ortsbezogen von einem hohen Konfliktpotenzial für Fledermäuse ausgeht und vorgeschlagen hat, zumindest die westliche Teilfläche des VRG 3128 zu streichen.

Tatsächlich wurden im Rahmen der FFH-Grunddatenerhebung Nachweise für die Bechsteinfledermaus und weitere Fledermausarten geführt (siehe Karte oben). Im und nahe des Bereichs „Görzhäuser Hof“ befinden sich insbesondere Jagdgebiete der Bechsteinfledermaus sowie zwei Winterquartiere der Mopsfledermaus. Obwohl für FFH-Gebiete ein vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) bestätigtes Einwirkungsverbot von außen besteht, hält die Planungsbehörde eine Konfliktlösung auf örtlicher Ebene dennoch für möglich und empfahl die vollständige Ausweisung als VRG WE. Dem entsprach die Regionalversammlung.

Dabei wird die naturschutzfachliche wie -rechtliche Nicht-Expertise der Planungsbehörde bereits durch den Aussagegehalt eines Satzes deutlich: „Außerdem“, so heißt es die Ausweisung von VRG 3128 weiter legitimierend, seien auf dem Gebiet „bisher im Sommer nur Männchen der Mopsfledermaus nachgewiesen“ worden. Das FFH-Recht aber unterscheidet nicht zwischen Männchen und Weibchen, die artenschutzrechtliche Beurteilung der Behörde wirkt daher konstruiert.

Was allerdings kaum jemand weiß, ist, dass die konkreten Umsetzungsplanungen für einen Windpark „Görzhäuser Hof“ bereits weit fortgeschritten sind. In einer Beschlussvorlage des Magistrats der Stadt Marburg vom 5. Oktober 2016, mit der die Bauleitplanung der Universitätsstadt auf die Windkraftnutzung vor Ort eingerichtet werden soll, heißt es:

„Für das Windvorranggebiet ‚Görzhäuser Hof’, das von der Stadtverordnetenversammlung für den Teil-Regionalplan Energie mit Beschluss vom 29.06.2012 vorgeschlagen worden ist, beabsichtigt der private Windkraftentwickler Krug-Energie aus 35117 Münchhausen in Kürze eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG-Antrag) zu beantragen. Diese Windkraftplanung soll auf Flächen der PharmaServ realisiert werden. Sie wird von den großen Standortfirmen am Standort Görzhäuser Hof unterstützt und auch vom Ortsbeirat Michelbach positiv gesehen (Sitzung des Ortsbeirates Michelbach vom 19.01.2016).“

Krug-Energie aus Münchhausen betreibt auch die Windparkprojekte in Niederasphe und Rauschenberg. Dort entstehen Ansammlungen von Windkraftanlagen zwischen 217–229 m (Niederasphe) und 207 m (Rauschenberg) Höhe. Auch der Windpark „Görzhäuser Hof’“, gelegen in den Gemarkungen Marbach, Michelbach und Wehrda, wird – sollte er genehmigt werden – von weithin sichtbar sein. In den „Steckbriefen“ heißt es dazu, dass in den Blickbeziehungen zur Marburger Altstadt künftig die oberen Teile möglicher Windkraftanlagen an diesem Standort zusammen mit der Altstadt zu sehen seien und die „Erlebbarkeit“ der Anlagen insbesondere aus südlicher sowie nördlicher Richtung aus dem Lahntal gegeben wäre.

Karte oben:
VRG 3128 (rot schraffiert), FFH-Areal 5017-305 (Grenze grün gestrichelt).
© OpenStreetMap-Mitwirkende (CC BY-SA 2.0), Daten von OpenStreetMap – Veröffentlicht unter ODbL.