Rhein-Main-Link: Stellungnahme eingereicht
Im Rahmen des Konsultationsverfahrens der Bundesnetzagentur (BNetzA) zum Entwurf des Umweltberichts hat die BI „Rettet den Wollenberg“ eine Stellungnahme eingereicht. Darin spricht sich die BI für eine Korrektur des jüngst vorgeschlagenen Präferenzraums Rhein-Main-Link im Untersuchungsgebiet vor Ort aus. Dieser bedeutete das Vorliegen von gleich vier durchgehenden Bereichen höchsten Konfliktrisikos (Querriegel), ohne dass die Konflikte mit den Belangen des Natur- und Umweltschutzes hinreichend vorhergesagt und auf bestehende räumliche Alternativen geprüft werden.
Maßgeblich riegelbildend wirken die beiden FFH-Gebiete „Obere Lahn und Wetschaft mit Nebengewässern“ (5118-302) und „Lahnhänge zwischen Biedenkopf und Marburg“ (5017-305). Ersteres muss in Nord-Süd-Richtung mindestens zweimal sicher gequert werden: einmal im Bereich der Wetschaft und ihrer Nebengewässer in Höhe der Stadt Wetter, ein zweites Mal im Bereich des Oberlaufs der Lahn in Höhe der Gemeinde Lahntal. Sofern eine Unterquerung der riegelbildenden FFH-Bereiche (Gewässer sowie angrenzende, in der Regel 10 m breite Uferrandstreifen) im Horizontalbohrverfahren technisch möglich ist, erscheinen diese Querungshindernisse als eingriffsminimierend überwindbar.
Anders sieht es im Falle des FFH-Gebietes 5017-305 aus. Dessen Waldareale bilden zusammen mit Siedlungsflächen, aber auch einem örtlichen Naturschutzgebiet an zwei Stellen Querriegel als nicht überwindbare Hindernisse. Diese liegen ebenfalls jeweils in Höhe der Stadt Wetter und der Gemeinde Lahntal. Beide ließen sich in nachfolgender konkretisierender Planung nur unter Beeinträchtigung des FFH-Schutzstatuts und dauerhafter Waldumwandlungen passieren.
Ohne das FFH-Gebiet 5017-305 zu tangieren, ist auf Höhe der Stadt Wetter eine Trassenführung – sofern technisch überhaupt gangbar – allein unmittelbar östlich entlang der Streckenführung der B252neu zu realisieren. Eine Führung der Trasse durch das Wetschaftstal gilt aufgrund der Wohnbebauung im Bereich der Kernstadt Wetter als ausgeschlossen, eine solche westlich des Waldareals Hügelberg ist aufgrund öffentlicher Belange der Stadt (Neuausweisung von Baugebieten) ebenso wenig möglich. Zudem bleibt eine Ostumgehung der Stadt faktisch ausgeschlossen, da der Präferenzraum im Untersuchungsgebiet nicht über die konfliktarmen und topographisch leichter zu erschließenden Wiesenareale der Gemarkungen Mellnau, Oberrosphe und Unterrosphe bis zum Westrand des Burgwalds geführt wird.
In Höhe der Gemeinde Lahntal schließlich (konkret: in den Gemarkungen Kernbach, Caldern und Sterzhausen, ergänzt im Westen um die Gemarkung Elmshausen der Gemeinde Dautphetal sowie im Osten der Gemarkung Michelbach der Stadt Marburg) bilden die Waldareale des FFH-Gebietes 5017-305 zusammen mit Siedlungsflächen und dem örtlichen Naturschutzgebiet „Lahnknie bei Michelbach“ einen unüberbrückbaren Raumwiderstand.
Infolge käme es bei Trassenrealisierung zu einer großflächigen Durchschneidung der Waldareale des FFH-Gebietes mit dauerhafter Waldumwandlung jeweils nördlich und südlich der Lahn. Unabhängig von den konkreten Erhaltungszielen und den Schutzzwecken des Gebietes 5017-305 würde damit die wichtige Klimafunktion der FFH-Waldareale als bedeutsame CO2-Senke vor Ort unterlaufen und deren Robustheit vor dem Hintergrund der durch die Klimaveränderungen häufiger auftretenden Extremwetterereignisse (Dürren, Stürme, Starkregen etc.) erheblich geschwächt.
Daher schlägt die BI in ihrer Stellungnahme einen Alternativkorridor zur Ostumgehung des FFH-Gebietes 5017-305 und der Stadt Marburg vor. Ein solcher erlaubte auf Höhe der Stadt Wetter sowohl eine Trassenführung entlang der B252neu als auch eine Ostumgehung der Kernstadt Wetter über die konfliktarmen Wiesenareale in westlicher Angrenzung zum Burgwald. In Höhe des Cölber Eck könnte die Trasse zudem entlang durch von Infrastruktur vorbelastete Gebiete (B252neu, Bahnstrecke, 110 kV-Oberleitung, Ferngaspipeline) nach Osten geführt werden, um anschließend nach Süden durch die waldfreien und konfliktarmen Areale des südlichen Amöneburger Beckens zu schwenken und südwestlich von Hachborn in Höhe von Fronhausen-Bellnhausen wieder auf den im Entwurf zum Bundesbedarfsplan vorgeschlagenen Korridor zu stoßen. Eine solchermaßen vernünftige Alternative ginge bei strikter Entlangführung an benannter. vorbelasteter Infrastruktur, wozu die BI nachdrücklich rät, mit geringem oder gänzlich ohne Waldverlust einher.
Unterdessen …
Noch bevor das Verfahren durch die BNetzA abgeschlossen ist, hat der Übertragungsnetzbetreiber Amprion im Gemeindeblatt „Lahntal aktuell“ (Nr. 3, 18.01.2024) sowie auf einer Projekt-Website bereits Vorarbeiten für die Trassenplanung und ein nachfolgendes Planfeststellungsverfahren angekündigt. Im Zeitraum Februar 2024 bis Februar 2025 sollen dazu Vermessungs- und Kartierungsarbeiten entlang des rechtlich noch nicht verabschiedeten Präferenzkorridors erfolgen, in deren Rahmen auch umfangreiche natur- und artenschutzrechtliche Bewertungen vorgenommen werden. Die Liste der benannten Flurstücke, für die ein Betretungsrecht eingefordert wird, allerdings ist lang und in Ermangelung von Kartenbeigaben unübersichtlich: Für Lahntal umfasst die Auflistung stolze 186 Seiten, für Wetter noch weit darüber hinausgehende 427 Seiten.
Welche Areale konkret betroffen sind, lässt sich aufgrund der schieren Menge an benannten Flurstücken lediglich stichprobenartig via Geoportal Hessen überprüfen: dort unter der Kartenanwendung „Liegenschaftskataster Hessen“ und nach Aufruf des Werkzeugs „Flurstückssuche“ sowie der Eingabe von Gemarkung, Flur- und Flurstücksnummer.
– Stellungnahme zum Entwurf des Umweltberichts 2023–2037/2045 der BNetzA
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Quelle: bi-wollenberg.org, CC BY-SA 3.0