Das Windparkprojekt Treisbacher Hardt
Ende November 2024 hat die Firma Zephyros Energy GmbH & Co. KG ihre Planungen für ein Windparkprojekt im Ausschuss für Bau und Umwelt der Stadtverordnetenversammlung Wetter (Hessen) vorgestellt. Die Disposition des Unternehmens wurde in Form einer Power-Point-Präsentation vorgetragen, ähnlich wie ein paar Tage zuvor auch bei einer Informationsveranstaltung in Treisbach selbst. Geplant ist demnach die Errichtung von vier Anlagen des Typs Enercon E-175 (Nabenhöhe 175,0 m, Gesamthöhe 262,5 m) im Waldgebiet Treisbacher Hardt.
Zephyros Energy ist ein Joint Venture zwischen dem 20 km nördlich von Frankenberg ansässigen Windkraftprojektierer Burg Lichtenfels GmbH & Co. KG und der Volksbank Mittelhessen. Auffällig an der Präsentation war, dass von Seiten Zephyros‘ keine Hinweise zum Artenschutz und zur Natura 2000-Verträglichkeit des Windparkprojekts erfolgten. Natura 2000 bezeichnet dabei das EU-weite Netz von Schutzgebieten zur Erhaltung prioritärer Lebensräume und Arten. Es setzt sich zusammen aus den Schutzgebieten der Vogelschutzrichtlinie und jenen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie.
Die Treisbacher Hardt ist Bestandteil des im Teilregionalplan Energie Mittelhessen ausgewiesenen Vorranggebiets für Windenergie VRG 3102 (Gemarkungen: Engelbach, Niederasphe, Treisbach). Entsprechend liegt das Waldareal ausdrücklich nicht in einem Natura-2000-Gebiet. Dennoch grenzt das VRG 3102 im Westen an das Europäische Vogelschutzgebiet „Hessisches Rothaargebirge“ (VSG 4917-401) und im Süden an das FFH-Gebiet „Lahnhänge zwischen Biedenkopf und Marburg“ (FFH 5017-305), das dort zugleich Bestandteil des Vogelschutzgebietes ist. (Die Grenzverhältnisse und Nahbereiche im Einzelnen sind in obenstehender Kartendarstellung wiedergegeben. Darin aufgenommen finden sich ebenfalls Referenzierungen der im Rahmen der FFH-Grunddatenerhebung per Detektornachweis vor Ort erfassten Fledermausarten des Anhang II und des Anhang IV im nahen Umfeld zu VRG 3102.)
Entscheidend für die Durchsetzungsfähigkeit, aber auch für die Höhe der Planungskosten und die zu erzielenden Erträge des Vorhabens wird sein, ob darüber in einem Genehmigungsverfahren isoliert nach den Prämissen des Windenergieflächenbedarfsgesetzes (§ 6 WindBG) befunden werden kann. Letzteres trat 2023 in Kraft und erlaubt es, in Nicht-Natura-2000-Gebieten, die bereits als Vorranggebiete für Windenergie ausgewiesen sind, Windkraftanlagen ohne vorherige artenschutzrechtliche Prüfungen aufzustellen. Antragstellungen dazu sind bis zum 30. Juni 2025 zeitlich befristet, entsprechende Genehmigungen können auch später erfolgen.
Jedoch unterliefe ein solches Verfahren maßgebende Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und der deutschen Rechtsprechung zu den Schutzgebietsstatuten von Natura 2000. Hierzu zählen insbesondere das durch den EuGH höchstrichterlich verordnete Verschlechterungsverbot für prioritäre Lebensräume und Arten – Verschlechterungen, die durch Pläne und Projekte ebenfalls nicht von außen (Einwirkungsverbot) in ein europäisches Schutzgebiet hineingetragen werden dürfen oder im Zusammentreffen mit Auswirkungen anderer Projekte oder Pläne kumulative Beeinträchtigungen (Summationswirkungen) in einem solchen entfalten.
Demzufolge käme im Falle der Beantragung auf Genehmigung eines Windparks Treisbacher Hardt die Aufsichtsbehörde nicht umhin, eine Verträglichkeitsprüfung zur Erhaltung der im FFH-Gebiet 5017-305 wild lebenden Fledermausarten des Anhang II und des Anhang IV aufgrund des Einwirkungsverbots, aber auch von objektiv nicht auszuschließenden Summationswirkungen verpflichtend vorzuschreiben. Ähnliches würde ebenso für den Schwarzstorch gelten, für den ein Bruthorst innerhalb des VSG 4917-401 nahe Treisbach nachgewiesen ist. Zwar wurde der Schwarzstorch im Zuge der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes 2022 nicht unter den Arten gelistet (Anlage 1 BNatSchG), für die ein erhöhtes Tötungs- und Verletzungsrisiko beim Betrieb von Windkraftanlagen zu prüfen ist. Dennoch verpflichtete das Einwirkungsverbot dazu, auch für ihn eine artenschutzrechtliche Prüfung durchzuführen.
Dass es tatsächlich dazu kommt, ist ungewiss. Es wird – nach jetzigem Stand – maßgeblich davon abhängen, ob die Aufsichtsbehörde die Konditionen für den Schutz des Klimas und für den Erhalt der Biodiversität auf Augenhöhe betrachtet. Denn: Klima- und Artenschutz gehen nicht Hand in Hand. Der Verlust von Arten und Ökosystemen zählt inzwischen zu den absehbar gefährlichsten globalen Risiken für die natürliche Umwelt und das menschliche Wohlergehen. Dessen Risiken sind gleichwertig zu den Herausforderungen der weltweiten Klimaproblematik zu behandeln.
Karte oben:
VRG 3102 mit geplanten Windkraftanlagen (WKA) sowie angrenzendes VSG 4917-401 und FFH 5017-305
(Hintergrundkarte: Daten: © OpenStreetMap-Mitwirkende, SRTM | Darstellung: © OpenTopoMap, CC-BY-SA)