BI-Stellungnahme zur Avifauna liegt vor
Das Aus für die Windparkpläne der Stadtwerke Marburg im Wollenberg hat bislang, wir berichteten, keine Entsprechung bei der Erarbeitung des Teilregionalplans Energie Mittelhessen durch das RP Gießen gefunden. In einer Arbeitskarte 14 (Stand: 04.12.2014) wird das Gebiet – nun flächenmäßig noch vergrößert – als Gelbfläche (möglicherweise als Vorranggebiet Windenergie ausweisen) dargestellt. Zugleich wurden vom RP Gießen, aber auch den Stadtwerken Marburg Anträge nach dem Hessischen Umweltinformationsgesetz (HUIG) auf Einsichtnahme in die Ergebnisse der Nachuntersuchungen zu den Fledermausvorkommen im Jahr 2014 abgelehnt. Das RP Gießen sagt, diese liegen ihm nicht vor – die Stadtwerke Marburg sagen, diese seien nicht abgeschlossen und müssten daher nicht herausgegeben werden.
Aus den genannten Gründen hat die BI „Rettet den Wollenberg“ Mitte März eine Stellungnahme zur Avifauna (Großvogel- und Eulenarten) beim RP Gießen eingereicht. Diese wird zunächst als Vorabversion vorgelegt und basiert auf mehreren, unabhängig voneinander durchgeführten Erfassungen der Vorkommen und Bestände im Wollenberg während des Jahres 2014. Im Ergebnis zeigt sich beispielsweise für den Rotmilan: Die Annahme, die Art baue seinen Horst in der Waldrandzone, nutze aber als Nahrungs- und Lebensraumhabitat das Offenland, deshalb sei das Gefährdungsrisiko durch Windkraftanlagen (WKA) im Waldesinneren reduziert, kann im Falle des Wollenbergs nicht bestätigt werden.
59 Prozent aller beobachteten Flugbewegungen erfolgten vielmehr in unter 1.000 m Entfernung zu den ursprünglich vorgesehenen Anlagenstandorten. Aussagen wie, die Art komme an den Standorten nicht vor oder sei von den Lebensraumveränderungen infolge der Eingriffe nur unerheblich betroffen, sind ganz offenkundig falsch. Vielmehr bewegt sich der Rotmilan über der Waldfläche des Wollenbergs regelmäßig in den Höhen und Arealen der potentiell durch Rotorschlag gefährdeten Bereiche. Zudem bestehen durch zahlreiche Flugbewegungen nachgewiesene funktionsräumliche Beziehungen zwischen dem vorgelagerten Offenlandbereich im Nordwesten (Warzenbach) und jenem im Südosten (Lahntal). Das Gleiche ist für den Nordosten (Wetter) in Richtung Südwesten und umgekehrt zu konstatieren. Ferner sind für die Art kumulative Wirkungen durch den Neubau der B 252 zu erwarten. Der dem Wollenberg vorgelagerte Offenlandbereich im Nordosten ist deutlich als viel genutztes Nahrungshabitat zu erkennen und konfligiert entsprechend mit der Streckenführung des Straßenbauvorhabens.
Ähnlich weitreichend sind die Auswertungsergebnisse für Schwarzstorch, Uhu, Kranich sowie andere Großvogel- und Eulenarten. Insbesondere für Schwarzstorch und Uhu ist festzustellen, dass die potentiellen Anlagenstandorte regelmäßig überflogen werden. Für sie liegt unter Zugrundelegung des von Hessischen Landesregierung herausgegebenen „Leitfaden Berücksichtigung der Naturschutzbelange bei der Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA) in Hessen“ ein signifikantes Tötungsrisiko vor. Mithin bestehen bekräftigende Gründe, den Bereich Wollenberg als Ausschlussgebiet für die Windenergienutzung zu behandeln, die bislang von der Oberen Landesplanungsbehörde im RP Gießen nicht zur Kenntnis genommen wurden.
Die Stellungnahme umfasst 41 Seiten und kann in einer pdf-Version hier abgerufen werden.
Bild oben:
Hochsitz im Wollenberg. Quelle: bi-wollenberg.org, CC BY-SA 3.0