Stadtwerke Marburg: Bereits 2,1 Mio. Euro in Windparkplanungen Wollenberg investiert
Bislang gingen wir davon aus, dass die Stadtwerke Marburg bereits 350.000 Euro in die Planungen für einen „Windpark Wollenberg“ investierten. In Wirklichkeit jedoch ist die Summe um ein Vielfaches höher. Das ist einer – uns erst jetzt bekannt gewordenen – Antwort auf eine Kleine Anfrage vom 30.08.2013 aus der Stadtverordnetenversammlung Marburg zu entnehmen. Demnach haben die Stadtwerke in die „Entwicklung Windpark Wollenberg“ bis zum genannten Zeitpunkt in summa 2,1 Mio. Euro investiert.
Das Geld stammt aus einem Verkauf von CO2-Sparbriefen, die im Jahr 2011 in Form einer Inhaberschuldverschreibung mit einer Rendite von 3,25 % p.a. exklusiv an Kundinnen und Kunden der Stadtwerke Marburg veräußert wurden. Seinerzeit wurden mit dem Wertpapier insgesamt 5 Mio. Euro erzielt. Im Werbetext zur Verbriefung heißt es: „Kunden haben damit die Möglichkeit, sich an ausgewählten umweltfreundlichen Zukunftsprojekten aus der Region zu beteiligen und dies mit einer attraktiven Geldanlage zu kombinieren.“
Der Begriff CO2-Sparbrief allerdings ist irreführend. Tatsächlich werden durch die Förderung des Ökostroms keine CO2-Emissionen eingespart. Ursächlich dafür ist, dass durch den EU-weiten Emissionshandel die von Industrie und Stromkonzernen ausgestoßene CO2-Gesamtmenge festgelegt ist. Je mehr Windkraftanlagen oder auch Photovoltaik- und Biomasseanlagen ans Netz gehen, desto stärker sinkt der Preis für CO2-Zertifikate und fällt der Anreiz für Emissionseinsparungen anderswo.
Als Klimapolitik paradox kann daher der dysfunktionale Zusammenhang zwischen der Ökostromförderung durch das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und dem EU-weiten CO2-Zertifikatehandel bezeichnet werden. Dass auch der Weltklimarat (IPCC) in seinem jüngsten Sachstandsbericht Deutschlands milliardenschwere Ökostromförderung vor dem Hintergrund des Treibhausgas-Emissionshandelssystems als „teuer und nutzlos“ kritisiert, weil damit keine Emissionen eingespart werden, kann in den Darlegungen eines der wissenschaftlichen Kommentatoren des IPCC nachgelesen werden.
Im werblichen Umfeld aber stören solche Hintergrundinformationen. Zugleich versuchen die Stadtwerke neuerdings, sich mit dem Image des Fledermausschutzes zu bemänteln. In einer mit „Stadtwerke schützen Fledermäuse“ überschriebenen Pressemitteilung vom 30.05.2014 heißt es: „Die Stadtwerke Marburg stehen nicht nur für umweltfreundliche Energieerzeugung, sondern bieten Fledermäusen auch ein zu Hause.“ Der zuständige Projektleiter der Stadtwerke wird dort ferner mit den Worten wiedergegeben: „Fledermäuse erfüllen wichtige Aufgaben in der ökologischen Kette und wir sind froh, wenn wir zum Arterhalt dieser Tiere einen kleinen Teil beitragen können“.
Hintergrund ist, dass bei Modernisierungsarbeiten am Verwaltungsgebäude der Stadtwerke Marburg Am Krekel Nachweise für das Vorkommen von Zwerg- und Breitflügelfledermaus festgestellt wurden. Das Unternehmen richtete in Folge fünf neue Winterquartiere in Form von Fledermauskästen ein. Sollte das allerdings mehr als eine PR-Aktion gewesen sein, müsste das Unternehmen seine Pläne im Wollenberg umgehend einstellen.
Doch daran ist nicht zu denken. Und Geld scheint genug da – sowohl für kostengünstige Fledermaus-PR-Aktionen als auch für fledermausschreddernde Windparkpläne. Ein zweiter CO2-Sparbrief mit einer festen Laufzeit von fünf Jahren wurde im Jahr 2013 begeben, jetzt mit einem Gesamtvolumen von 6 Mio. Euro und einer Rendite von jährlich 2,5 %. Das Papier war, wie die Stadtwerke Marburg mitteilen, „innerhalb kürzester Zeit deutlich überzeichnet“.
Bild oben: Gefällt! Quelle: bi-wollenberg.org, CC BY-SA 3.0